Kommission will Handelsabkommen mit Mercosur bis Ende des Jahres

Beim Thema Mercosur sind sich Jean-Claude Juncker (l.) und Emmanuel Macron nicht so einig, wie hier beim EU-Gipfel vergangenen Freitag. [Council]

Trotz französischer Bedenken hat EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker am vergangenen Freitag erneut bekräftigt, das Abkommen mit Mercosur noch dieses Jahr abschließen zu wollen. Es sei „das wichtigste Handelsabkommen“ für Europa.

Zum Abschluss des EU-Gipfels sagte Juncker gegenüber Journalisten, man tue „alles uns Mögliche“, um das Abkommen mit dem südamerikanischen Wirtschaftsblock (Mitglieder: Argentinien,  Brasilien, Uruguay und Paraguay) vor Ende des Jahres abzuschließen.

Die Bedeutung der Mercosur werde „oft unterschätzt“, kritisierte der Kommissionspräsident. Tatsächlich sei der Deal für Europa „das wertmäßig wichtigste Handelsabkommen.“ Ein Abkommen mit der Mercosur hätte einen wirtschaftlich acht Mal so großen Wert wie das hochgelobte CETA-Abkommen mit Kanada, und sei vier Mal größer als das Abkommen mit Japan.

Damit verteidigte Juncker die Verhandlungen auch gegen Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, der beim Abendessen der EU-Führer am Donnerstag Bedenken geäußert hatte.

Prinzip der Gegenseitigkeit

Gegenüber Reportern sagte Macron nach dem Gipfel, die EU-Handelspolitik müsse immer „das Prinzip der Gegenseitigkeit“ achten. Im Angesicht der wachsenden Isolation der USA unter Präsident Donald Trump waren sich Macron und Juncker allerdings einig, dass die EU positiv auf Anfragen und Wünsche anderer Staaten nach Handelsabkommen reagieren sollte.

Juncker unterstrich in Reaktion auf die französischen Bedenken, in allen Verhandlungen werde auf Gegenseitigkeit und Einhaltung der EU-Standards geachtet.

EU-Bauern warnen vor "verheerenden Auswirkungen" von Freihandelsabkommen

Mehr Importe aus dem Mercosur-Block könnten „verheerende Auswirkungen“ auf Arbeitsplätze, Preise und auf EU-Lebensmittelstandards haben, warnen Landwirte.

Mercosur und die EU hatten bereits vor zwei Jahrzehnten Gespräche über engere Handelsbeziehungen aufgenommen, die allerdings zwischenzeitlich ins Stocken geraten waren und dann 2010 wieder aufgenommen wurden. Doch auch seitdem geht es nur schleppend voran, unter anderem, weil sich einige EU-Länder gegen die Abschaffung von Importzöllen für bestimmte Produkte wehren. Das gilt im Falle Frankreichs und auch Irlands für Rindfleisch aus Brasilien und Argentinien.

Als Kompromiss schlug die EU-Kommission vergangenes Jahr eine Deckelung der zollfreien Rindfleisch- und Ethanol-Einfuhr aus den Mercosur-Staaten in die  EU vor. Für Rindfleisch würden ab der Grenze von 78.000 Tonnen Zölle erhoben. Von Seiten der EU-Verhandler heißt es, das gesamte Abkommen könnte scheitern, wenn die beiden Seiten in diesem Punkt keine Einigung erzielen.

Make it happen

Beim Gipfel letzte Woche wurde der Mercosur-Deal zwar kaum diskutiert, Spaniens Premierminister Mariano Rajoy, einer der größten Befürworter des Abkommens, erklärte dennoch, das Thema habe hohe Priorität: Für die EU seien Handelsabkommen „ein grundlegendes Instrument“. Spanien werde daher „ambitionierte Einigungen, mit denen die EU-Standards weiterverbreitet werden immer verteidigen.“

Nicolas Albertoni, Professor an der Katholischen Universität von Uruguay in Montevideo und Experte für die EU-Mercosur-Verhandlungen, erwartet allerdings, dass die kommenden Verhandlungsrunden schwierig werden: „Es scheint, dass sich Argentinien, Uruguay und Paraguay einig sind. Es ist aber unklar, ob Brasilien die Ansichten teilt,” so Albertoni.

Darüber hinaus gebe es zwischen den Mercosur-Ländern Spannungen, die die Verhandlungen mit der EU negativ beeinflussen könnten. Vergangene Woche hatte Brasilien gedroht, die Einfuhr von Milchprodukten aus Uruguay zu stoppen.

Albertoni schließt daher: „Nach 20 Jahren Verhandlungen und mit den derzeitigen Umwälzungen in der globalen Wirtschaft wird sehr viel Vertrauen verloren gehen, wenn dieses Abkommen nicht bis Ende des Jahres abgeschlossen wird.“ Sollte dies der Fall sein, müssten die Verhandlungspartner dringend neue Strategien entwickeln, so der Professor.

Handelsabkommen mit Mexiko und Mercosur in Gefahr

Sollte die EU die geplanten Handelsabkommen mit Mexiko und den Mercosur-Staaten bis Ende des Jahres nicht abschließen, könnten neue Hindernisse entstehen, befürchtet die EU-Kommission.

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